Von Dollfuß zu Graf?

Es wundert mich nicht. Es ärgert mich aber. Martin Graf, der niemals wählbar war und deshalb in sich schon Begründung genug dafür ist ihn abzuwählen, der aber wöchentlich neue Anlassfälle produziert und es zwei Großparteien damit leicht machen würde das Gesicht zu wahren und ihren Fehler zumindest für die Zukunft zu korrigieren, dieser Martin Graf wird nicht abgewählt. Die Großparteien haben mit seiner Wahl schon jeden antifaschistischen Anspruch von sich gewiesen, sollten sie einen solchen jemals gehabt haben. Was die RepräsentantInnen der ÖVP aber von sich geben, seit die SPÖ sich entschieden hat die Abwahl von Graf zu ermöglichen ist schlichtweg jenseitig.

Der „Pragmatismus“ der ÖVP in der Frage Graf, nämlich jener einer möglichen Zusammenarbeit mit der FPÖ nichts in den Weg zu legen, ist für sich schon ein gefährlicher Anschlag auf die Demokratie. Das Kokettieren mit offen Rechtsextremen hat in der ÖVP seit Jahren Tradition. Die gespielte Empörung, jedes Mal wenn RepräsentantInnen der FPÖ ihr wahres Gesicht zeigen, nimmt der ÖVP schon längst niemand mehr ab. Das Kalkül der ÖVP Graf zu halten um WählerInnen vom rechten Rand ob des dort vorherrschenden Irrsinns in die Arme der rechten Politik der ÖVP zu treiben, wird nicht aufgehen. WählerInnen, die aus xenophoben Motiven wählen, werden den Schmied und nicht den Schmiedl wählen, Irsinn ist in diesem Zusammenhang kein politischer Faktor, das zeigen die Wahlbewegungen der letzten Zeit.

Nur mehr jenseitig ist aber, wenn ÖVP-RepräsentantInnen, diese gefährliche Strategie mit einer völlig absurden verfassungsrechtlichen Argumentation zu verschleiern versuchen. Immer wieder wird angedeutet, die Möglichkeit eine/n Nationalratspräsitenten/in aus politischen Gründen abzuwählen habe schon einmal zur „Selbstausschaltung des Parlaments“ geführt und sei deshalb problematisch. Diese Argumentation stimmt nicht nur historisch (es handelte sich um eine Geschäftsordnungskrise, die einvernehmlich beizulegen gewesen wäre und im Zuge derer alle drei Nationalratspräsidenten zurücktraten) und verfassungsrechtlich nicht (es wurden Regelungen eingezogen, die genau diese Situation verhindern). Die ÖVP spielt hier ein Doppelspiel, das an Frechheit nicht zu überbieten ist. Immerhin handelte es sich bei der fälschlicherweise sogenannten „Selbstausschaltung“ um den Übergang zum Austrofaschismus unter Engelbert Dollfuß, den die ÖVP an anderer Stelle, nämlich in ihrem Parlamentsklub, immer noch ehrt. Soviel zum Verhältnis der ÖVP zu Verfassung und Demokratie.

Martin Graf muss endlich abgewählt werden. Rechtsextreme haben in solchen Funktionen nichts verloren! Wer Rechtsextreme in diesen Funktionen akzeptiert macht sich mitschuldig an der Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts. Vielleicht ist es völlig illusorisch auf einen verbliebenen Funken Moral bei der ÖVP zu hoffen, aber die Hoffnung stirbt zuletzt.

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