Guantánamo steht exemplarisch für massive Menschenrechtsverletzungen im Zuge des „war against terrorism“. Die Auflösung des Gefangenenlagers ist deshalb ein wichtiges Signal und ein unabdingbarer Schritt zurück zu menschenrechtskonformem Vorgehen. Viele europäische Demokratien haben sich im Kampf gegen den Terrorismus gemeinsam mit den USA schuldig gemacht, die Werte, die sie vorgaben vor TerroristInnen zu schützen (Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie), selbst verletzt zu haben. Die Signale, die von der Relativierung der Menschenrechte durch Geheimgefängnisse in Europa, durch den Bruch des absoluten Folterverbotes oder durch die Verweigerung des Rechts auf ein faires Verfahren ausgegangen sind müssen so schnell wie möglich rückgängig gemacht werden. Die neue US-Administration hat das begriffen. Im EU-Parlament haben wenigstens einige Fraktionen (SozialdemokratInnen, Liberale, Grüne) die gemeinsame Verantwortung für die Menschenrechte eingefordert, indem sie für die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen plädiert haben.
Die österreichische Bundesregierung hingegen verweigert jegliche, wenn auch nur symbolische, Beteiligung: Die USA hätten das Problem geschaffen, die USA müssten selbst eine Lösung suchen, so argumentieren SPÖ und ÖVP unisono. Diese Politik ist kurzsichtig, ein erneuter Kniefall vor dem Boulevard und eine Reproduktion eines diffusen Antiamerikanismus aus reinem Opportunismus heraus. Österreich versäumt damit eine Möglichkeit ein klares Signal für die Einhaltung der Menschenrechte zu setzen und verweigert globale Verantwortung. Die Möglichkeit eine vorausschauende Politik zu betreiben, wird dem in Österreich üblichen Provinzialismus geopfert.
Es bleibt zu hoffen, dass sich die vernünftigen Kräfte in der Europäischen Union durchsetzen, die mahnenden Worte etwa von Manfred Novak (UN-Sonderberichterstatter für Folter) letztlich Früchte tragen und die von der neuen US-Administration gesetzten Maßnahmen nicht verwässert werden. Die österreichische Bundesregierung muss ihre provinzielle Position überdenken und Guantánamo-Häftlinge aufnehmen.