Rede im Wiener Landtag zum Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Gesetz über die Unterstützung von Personen bei der Bestreitung der erhöhten Energiekosten (Wiener Energieunterstützungsgesetz) geändert wird, Wiener Landtag, 19.10.2022.
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Damen und Herren,
mit dem Wiener Energiebonus leisten wir als Stadt einen Beitrag zur Abfederung der stark gestiegenen Energiekosten für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen. Das begrüßt meine Fraktion und deshalb werden wir diesem Gesetz auch zustimmen.
Was wir allerdings sehr kritisch sehen. ist die fehlende Berücksichtigung der Haushaltsgröße bei der Bemessung der Höhe der Leistung: Ein Einpersonenhaushalt bekommt genauso viel, wie eine Alleinerziehende mit drei Kindern. Das ist nicht fair. Das wird der Situation von Familien und Kindern nicht gerecht. Das ist nicht die Treffsicherheit, von der sie die ganze Zeit sprechen.
Auf die Kinder und Familien wurde einfach vergessen. Dieses Gesetz enthält eine massive Schlechterstellung für Familien und Kinder. Wir haben sie mehrfach darauf aufmerksam gemacht. Geändert wurde nichts.
Diese Kritik müssen Sie sich gefallen lassen: Gerade Sie, die bei jeder Gelegenheit von Treffsicherheit sprechen: Sie legen hier ein Gesetz vor, das einen Einpersonenhaushalt mit dem gleichen Betrag unterstützt wie einen Sechspersonenhaushalt. Obwohl es ganz einfach wäre, es anders zu machen. Warum dann so unfair, kann ich da nur fragen?
Die fehlende Berücksichtigung der Haushaltsgröße ist insbesondere deshalb absurd, weil gerade Familien – und hier vor allem Alleinerziehende und ihre Kinder – durch die Teuerung besonders belastet werden. Diese Schlechterstellung muss repariert werden.
Die Bemessungsgrundlage für die Höhe des Energiebonus muss an der Haushaltsgröße orientiert werden. Es darf nicht auf die Kinder und Familien vergessen werden.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich habe Verständnis dafür, dass die Haushaltsgröße bei automatisch ausbezahlten Unterstützungsleistungen nicht berücksichtigt werden konnte. Denn dafür fehlen der Verwaltung die notwendigen Daten. Aber wenn Sie hier schon eine Leistung auf Antrag vorlegen, dann ist kein großer Mehraufwand die Zahl der Haushaltsangehörigen zu berücksichtigen. Aber ihr Modell ist beides nicht: Es ist nicht schnell u. antragslos. Und es ist nicht treffsicher.
Und es macht eben einen großen Unterschied, ob ein Haushalt drei minderjährige Kinder zu versorgen hat oder keines. Das kann man nicht ignorieren. Das kann man nicht über einen Kamm scherren. Und deshalb fordern wir sie dazu auf das zu reparieren.
Was wir ebenfalls kritisch sehen, ist die undifferenzierte Einkommensgrenze für Mehrpersonenhaushalte bei 100.000 Euro. Das schließt große WGs vom Wiener Energiebonus aus.
Nehmen wir das Beispiel einer Studierenden-WG. Sie alle kennen die Studierenden-Sozialerhebungen. 65 Prozent der Studierenden sind erwerbstätig. Die erwerbstätigen Studierenden arbeiten im Schnitt 20,5 Wochenstunden. Eine Sechser-WG mit dem durchschnittlichen Erwerbsausmaß von Studierenden kann schon ganz einfach über der Einkommensgrenze zu liegen kommen. Auch das sollte repariert werden.
Denn es kann nicht unser Ziel sein, Menschen auszuschließen, die viel arbeiten müssen, um ihr Studium zu finanzieren. Der Student in der Eigentumswohnung, der das Studium von den Eltern finanziert bekommt, erhält den Wiener Energiebonus. Die sechs Student:innen in der Mietwohnung, die viel arbeiten müssen, bekommen ihn nicht. Das kann doch nicht ihr Begriff von Gerechtigkeit sein.
Das ließe sich lösen. Wenn man die Einkommensgrenzen an der Haushaltsgröße orientieren würde und nicht nur in Ein- und Mehrpersonenhaushalte differenzieren würde.
Diese Form der Differenzierung zwischen einer Einkommensgrenze für Einpersonenhaushalten von 40.000 Euro und 100.000 Euro bei Mehrpersonenhaushalten müssen Sie mir insgesamt einmal erklären. Ich sehe keinen sachlichen Grund, warum ein Erwachsener in einem Haushalt schlechter gestellt wird als zwei Erwachsene in einem Haushalt. Umgekehrt wäre es ja sachlich begründbar, weil sich die Energiekosten bei einem zweiten Haushaltangehörigen nicht einfach verdoppeln. Die Regelung, die sie hier vorschlagen ist aber klar gleichheitswidrig. Und vor dem Verfassungsgerichtshof wird es nicht halten, wenn hier zum Beispiel ein Einpersonenhaushalt mit einem Jahresbruttoeinkommen von 45.000 Euro klagt.
Ich glaube, dass sie das in Wirklichkeit auch nicht so haben wollen. Aber sie haben es mittlerweile zum Prinzip erhoben, Gesetzesvorhaben – vor allem aus dem Sozialbereich – per Initiativantrag einzubringen. Keine Begutachtung. Keine Chance auf Fehler hinzuweisen. Keine Chance Verbesserungsvorschläge einzubringen. Und so kommt es, dass sie uns dann so einen Murks vorlegen. Gut gemeint, aber nicht gut gemacht.
Ich bringe deshalb einen Beschlussantrag ein, mit dem wir den Herrn Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport auffordern, diese Fehler zu beheben. Schauen Sie sich das an. Es wäre im Sinne der Sache, wenn Sie hier die Eitelkeit bei Seite schieben und das Gesetz reparieren.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!