Rückwärts immer. Vorwärts nimmer. (Rede Gemeinderat)

Rede zur Erweiterung der Sachkreditgenehmigung für das Vorhaben Hauptstraße B Stadtstraße in Wien 22, Wiener Gemeinderat, 28.04.2021.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

Sehr geehrte Damen und Herren,

Eine halbe Milliarde Investitionen in CO2 Ausstoß. Eine halbe Milliarde in Bodenversiegelung. Eine halbe Milliarde in die fossile Vergangenheit.

Das meint die Rückschrittskoalition also mit Klimamusterstadt. Ihre Musterstadt erinnert mich an die Blaue Lagune. Ein Muster, das nicht mit Leben erfüllt ist. Ein leeres Versprechen. Eine behübschte Fassade und nichts dahinter. 

Sie haben Ihren Wähler*innen im Wahlkampf konsequenten Klimaschutz versprochen. Und ihr erster Schritt ist es eine halbe Milliarde auf die klimaschädlichste Weise zu investieren, die man sich ausdenken kann.

Das ist Betrug an den Wähler*innen. Und noch viel wichtiger: Es ist Betrug an Zukunft. Und es ist Betrug an den kommenden Generationen.

Was sie uns als Klimamusterstadt verkaufen wollen, sind Anpassungsmaßnahmen. Das Abkühlen und Begrünen der Stadt ist wichtig – keine Frage. Aber damit erreicht man keine nennenswerte CO2 Reduktion. Damit verhindert man die Klimakrise nicht.

Ich erkläre es Ihnen mit einem einfachen Beispiel. Die Anpassungsmaßnahmen sind Masken, die die Auswirkungen der Krise ein wenig abschwächen. Die Mobilitätswende ist die Impfung, die wir brauchen, um die Klimakrise zu verhindern. Und die Donaustadtautobahn ist ein mit Absicht geplantes, jährlich wiederkehrendes, von der Stadtregierung eingeladenes Superspreader*innenevent. Das kann nicht ihr Ernst sein.

Es ist gut und richtig, dass sie 100 Million für die Abkühlung und Begrünung der Stadt investieren. Aber das reicht nicht. Das reicht nicht, wenn sie gleichzeitig mehr als drei Kilometer wertvolles Stadtgebiet mit einer vierspurigen Autobahn zubetonieren. Das reicht nicht, wenn sie ein Mehrfaches für ein klimaschädliches Großprojekt ausgeben. Das reicht nicht, wenn sie jedes Projekt zur Mobilitätswende – die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung, die autofreie Innenstadt, die Stadtmaut – auf die lange Bank schieben und blockieren.

So wird Wien niemals die Klimaziele erreichen. So wird Wien nicht Klimahauptstadt. So werden wir die Klimakrise nicht verhindern.

Als Wohnbausprecher würde ich mir wünschen, dass Sie endlich die Sanierung des Gemeindebaus mit dem Verve angehen, mit dem sie sich seit mehr als einem Jahrzehnt für ein klimapolitisches Steinzeitprojekt ins Zeug hauen.

Eine halbe Milliarde investiert in die Sanierung des Gemeindebaus. Wie viel CO2-Ausstoß wir damit sparen könnten. Eine halbe Milliarde investiert in Erhöhung der Wohnqualität. Wie viele grüne Jobs wir damit schaffen könnten. Eine halbe Milliarde investiert in thermische Sanierung. Wie stark wir die Betriebskosten für die Mieter*innen senken könnten.

Aber Sie investieren eine halbe Milliarde in ein Projekt, von dem die Niedrigverdiener*innen am wenigsten haben. Wissen Sie wie viele Haushalte im 1. Einkommensquartil kein Auto besitzen? 60 Prozent. Und das sind Zahlen für ganz Österreich. In Wien ist diese Zahl noch höher. Deren Steuergeld geben Ihr aus, um die Mobilität der oberen Einkommensquartile zu finanzieren. Ist das die Verteilungsgerechtigkeit, die Ihr meint, Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ?

Es ist Euch offensichtlich wichtiger in den Straßenbau zu investieren als in den Gemeindebau. Das ist Umverteilung von Platz und Steuermitteln von Unten nach Oben. Ich frage Euch: Würde dieses Projekt Eurem Grundsatzprogramm standhalten? Würde dieses Projekt dem groß angekündigtem Klimaschutzgesetz standhalten? Oder ist das schon von vornherein zahnlos? Und was ist die Einrichtung des Klimarates wert, wenn man beim ersten Großprojekt, dass diese Koalition auf den Weg bringt auf den Rat des Klimarates pfeift? 

Das Motto dieser Regierung ist offenbar: Rückwärts immer. Vorwärts nimmer. Ich fordere Sie auf: Stoppen sie dieses Projekt! Investieren wir in Klimaschutz statt Autobahnen! Machen wir Wien zur Klimahauptstadt!

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