Rede zum Sondergemeinderat auf Verlangen des Klubs der Wiener Freiheitlichen gemäß § 21 Abs. 4 WStV zum Thema: „Corona-Wiederaufbauplan – zu einem leistbaren Wien und Vollbeschäftigung!“, Wiener Gemeinderat, 22.04.2021
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wissen Sie, was mir an der Coronapandemie am wenigsten Sorgen macht? Dass der FPÖ wieder einmal die Spaltung droht, die Halbwertszeit bis zur nächsten FPÖ-Spaltung wird anscheinend immer kürzer, meistens korruptionsbedingt. Hofer gegen Kickl, Haimbuchner gegen Nepp, Wien gegen Oberösterreich; die Linie der FPÖ in der Coronakrise, sehr geehrte Damen und Herren, ist so gerade wie die Linie eines Betrunkenen bei der Alkoholkontrolle. Gefährlich rücksichtslos, hemmungslos faktenbefreiend und völlig planlos, das ist FPÖ Pandemiepolitik.
Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie mit Rechtsextremen demonstrieren, das wäre unpräzise. Ich werfe Ihnen vor, dass Sie die Rechtsextremen sind, die demonstrieren. Ich kreide Ihnen nicht an, dass Sie an Falschmeldungen und Verschwörungstheorien glauben, nein, ich kreide Ihnen an, dass Sie Fakenews und Verschwörungstheorien erfinden und verbreiten.
Ich mache Sie nicht dafür verantwortlich, dass Antisemiten an den Demonstrationen teilnehmen, das wäre zu wenig. Ich mache Sie dafür verantwortlich, dass Jüdinnen und Juden davor gewarnt werden müssen, wenn die FPÖ mit ihren Coronaleugnerdemonstrationen vorbeimarschiert. Ich mache Sie dafür verantwortlich, dass Sie Demonstrationen mit antisemitischer Grundstimmung unterstützen.
Ich beschuldige Sie nicht, dass Sie sich selbst gefährden. Ich beschuldige Sie, dass Ihre Maskenverweigerung PolizistInnen gefährdet. Ich beschuldige Sie, dass Ihre Maskenverweigerung zur Virusverbreitung beiträgt, und ich beschuldige Sie, dass Ihre Maskenverweigerung Menschenleben gefährdet.
Eines ist doch sicher: Es ist gut, dass dieses Land in dieser Krise nicht von der FPÖ regiert wird. Es ist gut, dass dieses Land beim Aufbruch nach dieser Krise nicht von der FPÖ regiert wird, und wenn sich die FPÖ in der Coronakrise wieder spalten sollte, dann stimmt es wohl doch: Jede Krise trägt auch eine Chance in sich.
Genug vom rechten Rand. Ich verhehle nicht, wir waren in der Vergangenheit auch manchmal über den Zickzackkurs der Stadtregierung in Sachen Pandemiebekämpfung erstaunt. Teilweise hat man in den letzten Monaten den Eindruck gewonnen, Bürgermeister und Gesundheitsstadtrat würden bewusst am selben Tag möglichst widersprüchliche Positionen vertreten.
Ich bin dem Bürgermeister trotzdem sehr dankbar, dass er dieses Pingpongspiel in einer besonders kritischen Situation auf den Intensivstationen beendet hat, und ich bin dankbar, dass Wien in der Ostregion vorangegangen ist und Verantwortung übernommen hat. Wir dürfen nicht vergessen: In dieser kritischen Situation sind wir noch immer, auch wenn die Zahlen langsam zurückgehen.
Ich habe überhaupt kein Verständnis, wenn im Burgenland politische Spielchen auf Kosten der Gesundheitssituation in der Ostregion gespielt werden. Ich will die Wiener Stadtregierung darin bestärken, in der aktuellen Situation keine populistischen Experimente à la Doskozil zu machen, sondern weiterhin Vorsicht walten zu lassen. Das ist der beste und der schnellste Wege aus der Pandemie. Unsere Unterstützung für eine umsichtige Linie haben Sie.
Ich komme zu den Folgen dieser Krise und da zu einem Thema, das mir besonders wichtig ist: die Unterstützung von MieterInnen. Arbeiterkammer und Mietervereinigung warnen vor bis zu 17 000 Delogierungen auf Grund von Mietrückständen, ein Drittel davon in Wien. Deshalb schlagen wir wie schon im Jänner vor, dass wir in Wien einen Hilfsfonds für MieterInnen in Not einrichten.
Delogierungen sind ein schrecklicher Schlag für die Betroffenen und teuer für Stadt. Allein eine Delogierung kostet mehrere tausend Euro, ganz zu schweigen von den sozialen Folgekosten. Mit deutlich weniger Mitteln können wir die Sicherung von Wohnraum erreichen und viel menschliches Leid und Elend verhindern.
Menschen, die nie geglaubt haben, dass es sie einmal treffen könnte, sind in Bedrängnis geraten. Ich will in einer Stadt leben, die sich nicht aus der Verantwortung stiehlt, wenn Menschen drohen, obdachlos zu werden. Ich will in einer Stadt leben, die Verantwortung übernimmt und diesen Menschen unbürokratisch und schnell hilft. Packen wir das an und schieben wir die Verantwortung nicht ab.
Wien ist von den drohenden Delogierungen besonders betroffen, wir haben in unserer Stadt einen hohen Anteil an Mietverhältnissen. Wir können in Wien aber auch besonders effizient helfen. Das zeigt unsere Stadt tagtäglich mit der Hilfe in besonderen Lebenslagen, mit der Wohnbeihilfe, mit der Mietbeihilfe. Diese Beispiele zeigen: Wir können das organisieren. Wir sollten es gerade jetzt auch machen.
Die Bundesregierung hat die Stundung von Mieten auf den Weg gebracht, die Bundesregierung hat die Erhöhung des Richtwert- und Kategoriemietzinses ausgesetzt, die Notstandshilfe erhöht, die Mindestpension erhöht, Unterstützungspakete für Arbeitslose geschnürt. Sie hat die Kurzarbeit ausgebaut, sie investiert jetzt massiv in Umschulung, Ausbildung und Beschäftigung.
Ich habe volles Verständnis für Forderungen nach weiteren Maßnahmen zur Verhinderung einer sozialen Krise. Wofür ich allerdings kein Verständnis habe, sehr geehrte Damen und Herren, ist das ständige Abschieben von Verantwortung auf andere Gebietskörperschaften. Das scheint mir eine sozialdemokratische Disziplin in diesem Haus zu sein, wenn ich mich an die vergangenen Sitzungen erinnere. Die Bezirke, der Bund, Europa, alle anderen sind zuständig, nur nicht Wien. Für die Aufbringung der Sozialhilfe, für die Aufbringung der Wohnbeihilfe ist ganz eindeutig Wien, und nicht der Bund, zuständig, sehr geehrte Damen und Herren.
Deshalb ist auch ein Hilfsfonds für MieterInnen in der Kompetenz der Stadt anzusiedeln. Wir tragen die Verantwortung, wir können es leisten, also lassen Sie es uns machen! Nichts gegen die Gastro-Gutscheine, aber die Logik, warum Gastro-Gutscheine aus Wiener Budgetmitteln finanziert werden können, die Verantwortung für einen Hilfsfonds für MieterInnen aber mit Inbrunst abgeschoben wird, erschließt sich mir nicht.
Ich unterstütze gerne jede Bestrebung, sich Mittel vom Bund zurückzuholen, aber die Verantwortung jetzt zu handeln, liegt bei uns in Wien. Geben Sie sich einen Ruck und stimmen Sie dem Antrag, den ich hiermit einbringe, zu. Lassen wir die MieterInnen nicht im Regen stehen, helfen wir jetzt.
Ich komme zum Schluss. Die Bewältigung der Coronakrise ist eine Herausforderung, die wir nur im Zusammenwirken von Bund, Ländern und Gemeinden bewältigen können. So wie wir zuletzt gemeinsam zum Schutz der Gesundheit Verantwortung übernommen haben, so müssen wir auch beim Aufbruch aus der Krise gemeinsam Verantwortung übernehmen. Deshalb ist es auch gut, dass die FPÖ weder in der Stadt noch im Bund in der Verantwortung ist, denn die FPÖ ist die Partei der Verantwortungslosen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.